Der Ring des Nibelungen in der Semperoper Dresden Der vorerst letzte Ring-Zyklus fand im Januar/Februar 2023 statt. Die Leitung übernahm wiederum Christian Thielemann. Im Sommer 2024 endet der Vertrag an der Semperoper Dresden.
Ein Bühnenfestspiel in drei Tagen und einem Vorabend
Die Beschäftigung Wagners mit dem deutschen Sagenstoff erfolgte bereits in der Pariser Zeit, wurde in Marienbad fortgesetzt und führte 1848 zu einem Entwurf „Siegfrieds Tod“. Mit der Vertonung dieser Heldenoper begann Wagner nach 1850, erkannte aber, dass diesem Musikdrama, das im Wesentlichen die spätere „Götterdämmerung“ bildet, eine Vorgeschichte vorangehen muss. So entstand gleichsam schichtweise, in dem ein Werk dem anderen vorgelagert wurde, der ganze „Ring“, dessen Dichtung 1853 für Wagners Freunde gedruckt wurde. Die Komposition vollzog sich nicht in so glatter Form. 1854 jedoch war bereits das „Rheingold“ vollendet. Im gleichen Jahr wurde die „Walküre“ begonnen, die gesamte Partitur jedoch erst 1856 abgeschlossen. Zur gleichen Zeit erfolgten die Entwürfe zum „Siegfried“. Die Arbeit wurde dann auf mehr als 10 Jahre unterbrochen. In dieser, der Arbeit am „Ring“ eingelagerten Entwicklungsphase entstanden „Tristan“ und „Die Meistersinger“. Die Arbeit am „Siegfried“ wurde 1869 wieder aufgenommen und 1871 beendet. Ein Jahr zuvor hatte Wagner schon die „Götterdämmerung“ skizziert, 1874 war der gesamte „Ring“ vollendet. Als Quellen dienten Wagner das mittelhochdeutsche Nibelungen-Epos aus dem 12. Jahrhundert, vor allem aber auch die ältere und jüngere Edda, dann aus dem altnordischen Sagenkreis die Völsungasaga und die Thidrekssaga. Philosophisch macht sich der Einfluss Feuerbachs und später Schopenhauers geltend. Das Gesamtwerk schildert Urkräfte und Urentwicklung, greift das Werden und Vergehen der Welt auf, stellt den Menschen neben die Götter und zeigt auf, wie Verrat und Neid böse Taten gebären, die nur durch Liebe Erlösung finden können. Der Grundgedanke lässt erkennen, dass alles Gold dem Menschen nur Fluch und Unglück bringt und auch den Göttern droht der Untergang, da sie schuldbeladen sind. Auf der einen Seite steht eine überalterte Welt, geldgierig, durch Verträge gebunden, auf der anderen eine neue Zeit, verkörpert durch Siegfried und den Gedanken der Liebe.
Die Musik dieser Trilogie mit einem Vorabend entwickelt einen völlig eigenen musikdramatischen Stil. Der Gedanke des Leitmotivs, den Wagner schon vorher gepflegt hat, ist hier bis zur letzten Konsequenz verfolgt worden. Die einzelnen Motive, die sich an Personen, Gegenstände oder seelische Vorgänge knüpfen, sind aufs innigste miteinander verzahnt. Aus ihnen heraus entwickelt sich die gesamte Ring-Musik zu einem lebendigen Strom, somit eine neue Architektur der Form schaffend. Bruchlos und nahtlos ist die Musik zu einzelnen Szenen verschmolzen, diese wiederum in völliger Geschlossenheit zu Aufzügen. Selbst die zeitliche Kluft in der Entstehungsgeschichte hat nicht vermocht, größere Trennungslinien innerhalb des Gesamtstiles beim „Ring“ aufkommen zu lassen. Das ganze Werk ist somit durch seltene innere und äußere Geschlossenheit ausgezeichnet.
Der Weg des „Ringes“ in die Welt vollzog sich langsam, aber stetig. 1869 erfolgte die Uraufführung des „Rheingoldes“ in München, im nächsten Jahr am gleichen Ort die der „Walküre“. „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ wurden 1876 an der Stätte uraufgeführt, die seitdem zum Inbegriff Wagnerscher Kunst geworden sind, im Bayreuther Festspielhaus auf dem grünen Hügel.