Am 21. September 1869 war die „Erste Semperoper“ niedergebrannt – jetzt sollte ein neues Opernhaus her. Aber sollte man die alte Semperoper wieder aufbauen oder ein völlig neues Gebäude errichten lassen? Und sollte man wieder Gottfried Semper beauftragen oder einen anderen Architekten? Dresden wäre auch schon damals nicht Dresden gewesen, wenn über diese Fragen nicht ausgiebig diskutiert worden wäre. Eine Unterschriftensammlung der Dresdner Bevölkerung brachte letztlich die Entscheidung: für Neubau und für Gottfried Semper. Da gab es nur ein Problem – nach seiner Beteiligung an den Maiaufständen von 1849 durfte Gottfried Semper nach wie vor sächsischen Boden nicht betreten. Doch man fand eine clevere Lösung. Der Entwurf für die „Zweite Semperoper“ entstand in der Ferne, der Bau vor Ort wurde von Sempers Sohn Manfred geleitet. Es entstand die Semperoper in der Form, wie wir sie heute kennen. Ludwig Teubner, ein ehemaliger Mitarbeiter des Uhrmachermeisters Gutkaes, erstellte eine neue digital anzeigende Uhr nach dem Vorbild der ersten. Die Deckenmalerei und Gestaltung des Frieses fertigte der Maler James Marshall.
Die Eröffnung der neuen Semperoper fiel auf den 2. Februar 1878. Carl Maria von Webers „Jubelouvertüre“ und Johann Wolfgang Goethes „Iphigenie auf Tauris“. Für siebzehn Jahre diente das Gebäude als gemeinsame Spielstätte für Oper und Theater. Mit der Ära Ernst von Schuchs als Generalmusikdirektor (1872-1914) begann der Aufstieg der Semperoper zu einer der bedeutendsten Musikbühnen Europas. Es war die Zeit, in der die Sächsische Staatskapelle zu einem der größten Orchester der Welt wuchs und in der ihr Weltruhm begründet wurde. Schuch legte auch den Grundstein für die Dresdner Richard-Strauss-Pflege: „Salome“ (1905), „Elektra“ (1909) und der „Rosenkavalier“ (1911) erlebten hier ihre Uraufführung.
In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts leitete Fritz Busch als Generalmusikdirektor und Operndirektor die Semperoper. In diese Zeit fallen die Uraufführungen von Richard Strauss´ „Die Ägyptische Helena“ (1928), Kurt Weills „Der Protagonist“ (1926) und Paul Hindemiths „Cardillac“ (1926). Gleichzeitig war Busch neben dem Schriftsteller Franz Werfel treibende Kraft der „Verdi-Renaissance“ und brachte dessen Opern zurück auf die Bühne. 1933 verweigerte sich Busch den Nationalsozialisten, die den berühmten Dirigenten nach Berlin holen wollten und brüskierte sie, indem er sich weigerte, zum Nachteil jüdischer Kollegen zu handeln. Am 7. März 1933 vertrieben ihn pöbelnde SA-Männer vor einer „Rigoletto“-Aufführung vom Pult. Fritz Busch emigrierte nach England.
Karl Böhm folgte Fritz Busch ins Amt als Generalmusikdirektor und Operndirektor. Der Österreicher brachte „Die schweigsame Frau“ (1935) und „Daphne“ (1938) zur Aufführung.
Der „totale Krieg“ brachte den Spielbetrieb im Sommer 1944 zum Erliegen, die letzte Vorstellung war Webers „Freischütz“ und der Bombenangriff vom 13. Februar zerstörte die „Zweite Semperoper“ fast vollständig.
Vierzig Jahre sollte es jetzt bis zum Wiederaufbau dauern.
Fortsetzung folgt …